Freitag, 29. Mai 2015

Stummelschwanz liegt beim Amtsschimmel (oder so)

Es ist noch nicht vorbei.

Wie vorgestern telefonisch empfohlen und abgemacht, habe ich gestern persönlich am Schalter des kantonalen Veterinäramtes des Kantons Zürich vorgesprochen, den Original-Heimtierpass samt einem Ausdruck des Röntgenbildes übergeben und mein Anliegen mit Hinweis auf Seite 28 des Passes mündlich formuliert.
Auf meine Frage, ob es so korrekt genug sei oder ob ich noch irgendetwas zum guten Gelingen dieses Ansinnens beitragen könnte, erklärte mir die freundliche Dame am Schalter, dass das so schon in Ordnung gehe und dass sie noch einen Vermerk wegen der Dringlichkeit anbringen werde.
Sicherheitshalber hinterliess ich meine Visitenkarte mit Handy-Nummer und E-Mailadresse.

Heute, kurz vor halb fünf Uhr nachmittags, erhalte ich den Anruf eines der Amts-Tierärzte dieser Behörde. Er verlangt, dass ich a) mein Anliegen schriftlich mittels E-Mail formulieren müsse, damit er darauf eingehen könne (eine reine Formalität, versteht sich ja von selbst, nicht wahr?!) und b) eine «Bekundung» des Tierarztes, der die Röntgenaufnahme erstellt habe, über den beim Röntgen festgestellten Sachverhalt.

Ja genau. Der praktizierende Tierarzt muss schriftlich festhalten, was er auf dem Röntgenbild sieht, das er gemacht hat, damit der amtlich bestellte Tierarzt bescheinigen* kann, dass er auf ebendiesem Röntgenbild das gleiche sieht, nämlich einen angeborenen Stummelschwanz (der notabene zum Rassemerkmal bei franz. Bulldoggen gehört).
*Die Beurkundung erfolgt übrigens durch Anbringen eines «X» im entsprechenden Formularfeld im Heimtier-Pass, versehen mit Unterschrift des beamteten Tierarztes und Stempel des Veterinäramtes.

Ohne Zweifel enthält das Tierschutzgesetz wichtige Bestimmungen zum Wohle der Tiere. Auch gegen das Coupierverbot ist nichts einzuwenden. Dass man aber beim Hund nun auch das Normale noch amtlich beglaubigen lassen muss, mit viel Zeitaufwand, Kosten und Papier, hat mit Tierschutz nichts, dafür umso mehr mit schildbürgerhafter Schikane zu tun.
Gesetze sind das eine, die Vollzugsverordnungen dazu sind das andere. Leider sind Bund und Kantone da frei, diese so phantasievoll wie möglich auszuarbeiten.

Zum Glück habe ich auf einer Kopie des Heimtierpasses eine amtliche Empfangsbestätigung anbringen lassen, woraus ersichtlich ist, dass ich das Original-Dokument zwecks Bescheinigung eines angeborenen Stummelschwanzes gestern persönlich dem kantonalen Veterinäramt in Zürich übergeben habe.
Dieses Papier lässt mich einigermassen ruhig meinen Ferien im Ausland entgegensehen.

Wie gesagt: Mit einer Waffe oder einer enthörnten Kuh würden sich diese Fragen nicht stellen.

Mittwoch, 27. Mai 2015

Stummelschwanz

Am 21.6.2014 hat «Sofie», eine französische Bulldogge (oder Bully) bei mir Einzug gehalten. Obwohl ich seit 40 Jahren Hundehalterin bin, ist die Übernahme eines jungen Hundes jedesmal ein besonderes Ereignis.
Dieses Mal wird die Besonderheit noch dadurch unterstrichen, dass inzwischen ein neues, rigides Hundegesetz erlassen worden ist, mit Vollzugsvorschriften, über die man teilweise nur den Kopf schütteln kann.

Selbstverständlich müssen alle Hunde amtlich mehrfach registriert werden. Schusswaffen dagegen betrachten wir in der Schweiz als eher harmlose Haushaltsgegenstände, ähnlich einem Küchenmesser, die zu unserer Geschichte gehören wie die Armbrust zu Wilhelm Tell.

Über den Sachkundenachweis SKN will ich keine Worte verlieren. Ich habe diese Praxis-Stunden mit «Sofie» absolviert; einiges war ganz lustig für Mensch und Hund, anderes aus Sicht einer erfahrenen Hundeführerin eher fragwürdig.

Das Coupierverbot scheint nun ebenfalls allerhand reglementarische Blüten zu treiben, mit überraschenden Auswirkungen.

Nun stehen Ferientage in Deutschland an, die ich mit meinem Hund verbringen will. In der Fachzeitschrift «Hunde» der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft SKG ⎯ jener Organisation, die offiziell die Interessen der Hundehalter vertreten sollte ⎯ lese ich zufällig, dass Besitzer von Bullys bei der Rückkehr in die Schweiz mit Schwierigkeiten zu rechnen hätten, wenn sie am Zoll keine amtliche Beglaubigung vorweisen können über den Rasse-spezifisch angeborenen Stummelschwanz ihres Hundes. Die Nachfrage bei der erfahrenen Tierärztin bestätigt diese Warnung.
Also muss von «Sofie» ein Röntgenbild des hinteren Rückens erstellt werden, aus welchem klar hervor geht, dass der Stummelschwanz angeboren ist. Dieses Röntgenbild, versehen mit der offiziellen Registrierungsnummer des Hundes, muss zusammen mit dem Schweizerischen Tierpass beim kantonalen Veterinäramt am Wohnort des Hundehalters eingereicht werden, wo auf einer speziellen Seite mittels eines «X»  samt Unterschrift und Stempel der Sachverhalt beglaubigt wird.

Weil die Reise schon bald ins Haus steht, erkundige ich mich heute Vormittag telefonisch beim zuständigen Amt über das sinnvolle Vorgehen. Der Dialog mit der freundlichen Dame am Telefon spielt sich im Wesentlichen so ab:
Ich: «In wenigen Tagen reise ich mit meiner franz. Bulldogge nach Deutschland. Damit ich den Hund wieder einführen kann, brauche ich von Ihnen eine Bestätigung über den angeborenen Stummelschwanz.»
Sie: «Ach, das ist doch nicht nötig. Es ist doch klar, dass ein Bully einen Stummelschwanz hat. Der gehört doch zum Rassemerkmal. Das ist kein Problem.»
Ich: «Der Schweizer Rasseklub hat seine Mitglieder vor Schwierigkeiten bei der Wiedereinreise gewarnt und meine Tierärztin hat bestätigt, dass die Zollorgane neuerdings sehr grosse Beachtung auf diese Schwänze legen.»
Sie: «Aha, wenn es so ist, dann schicken Sie diese Unterlagen einfach ein. Wir bestätigen den Sachverhalt und dann bekommen Sie alles wieder zurück. ⎯ Oder Sie kommen einfach rasch bei uns vorbei.»
Ich: «Ja, das ist sehr gut, ich komme vorbei. Kann ich dann die Bestätigung gleich mitnehmen?»
Sie: «Nein, das geht nicht! Das dauert 2-3 Tage. Wir müssen ja dann alle Unterlagen genau prüfen, damit wir das bestätigen können.»
Ich: «Es gibt keine Unterlagen, nur das Röntgenbild und den Tierpass. Auf dem Bild ist der Stummelschwanz ganz klar erkenntlich.»
Sie: «Trotzdem dauert es ein paar Tage.»
Ich: «Wie bitte? Vorhin sagten Sie, es sei kein Problem, weil der Stummelschwanz zum Rassemerkmal des Hundes gehöre. Trotzdem braucht Ihr Amt mehrere Tage, um ein Röntgenbild anzusehen und das, was man sieht, mit einem «X» im Pass anzukreuzen und Stempel mit Unterschrift dazuzusetzen?»
Sie: «Ja, weil unsere Tierärzte nicht immer da sind, sondern vielleicht gerade ausser Haus eine Inspektion vornehmen.»
Ich: «Das heisst, wenn ich morgen mit den Unterlagen vorbei komme, ist nicht sicher, ob ich bis zum 8.6.2015 den Tierpass mit der Bestätigung zurückerhalten habe?»
Sie: «Doch, doch. Wenn Sie sagen, dass Sie den Pass sofort wieder benötigen für die Reise, dann erhalten Sie ihn garantiert in 2-3 Tagen. Vielleicht geht er sogar gleichentags wieder auf die Post.»
Ich: «Und was, wenn nicht?»
Sie: «Sie können beruhigt sein. Vielleicht haben Sie ja auch Glück und es ist jemand hier.»
Ich: «Also 10 Tage Zeitfenster reicht? ⎯ Mit welchen Kosten muss ich rechnen?»
Sie: «Selbstverständlich! ⎯ Die Bestätigung kostet CHF 35.00» 
Da ich das Röntgenbild nur elektronisch habe, erkundige ich mich nach der geeigneten Einreichungsform. Die Dame meint, ich solle es ausdrucken und zur Sicherheit einen Stick mitbringen....

Mit einer Waffe würden sich alle diese Fragen nicht stellen. Mit einer enthörnten Kuh auch nicht.